Digitalisierungsdefizite werden auf den Datenschutz geschoben

Der bisherige Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber kritisierte, dass der Datenschutz häufig als Ausrede für Verzögerungen bei der Digitalisierung in Deutschland herangezogen wird.

Seiner Beobachtung nach werden Defizite in der Digitalisierung, insbesondere in Schlüsselbereichen wie Verwaltung, Gesundheitswesen und Bildung, allzu oft auf den Datenschutz geschoben, ohne dass diese Schuldzuweisung auf fundierten Erkenntnissen beruht.

Datenschutz als billige Ausrede?

Kelber hebt hervor, dass der Datenschutz nicht als bequemer Sündenbock dienen sollte, der die Suche nach echten Lösungen für die Herausforderungen der Digitalisierung verhindert. Vielmehr sollte er als Partner betrachtet werden, der aktiv zur Entwicklung vertrauenswürdiger digitaler Lösungen beiträgt. Er fordert dazu auf, das negative Narrativ des Datenschutzes zu überwinden und stattdessen Datenschutzbehörden von Anfang an in Digitalisierungsprojekte einzubeziehen.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt von Kelbers Kritik liegt auf der Verwendung veralteter Sicherheitstechnologien, die noch aus den 1980er Jahren stammen. Er macht deutlich, dass diese veralteten Systeme den aktuellen Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit nicht mehr gerecht werden können. Seiner Ansicht nach ist es unerlässlich, in moderne Verschlüsselungs- und Sicherheitstechnologien zu investieren, um ein angemessenes Schutzniveau in einer zunehmend digitalisierten Welt zu gewährleisten.

Insgesamt fordert Kelber nachdrücklich, dass Datenschutz und Digitalisierung Hand in Hand gehen müssen. Dies erfordert nicht nur die Integration von Datenschutz von Beginn an in die Entwicklung digitaler Produkte und Dienste, sondern auch die Implementierung datenschutzfreundlicher Standardeinstellungen. Nur auf diese Weise kann ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Datenschutz und Digitalisierung geschaffen werden, das sowohl die Rechte der Bürger schützt als auch technologischen Fortschritt ermöglicht.

Datensparsamkeit und Datenminimierung

In seiner Rede auf der re:publica 2024 ging Kelber zudem auf die Prinzipien der Datensparsamkeit und der Datenminimierung ein. Er betonte, dass diese Grundsätze des Datenschutzes keineswegs eine Bremse für die Digitalisierung darstellen müssten. Datensparsamkeit bedeute, nur die für einen bestimmten Zweck erforderlichen Daten zu erheben und zu verarbeiten. Datenminimierung könne erreicht werden, in dem personenbezogene Daten so weit wie möglich anonymisiert oder zu pseudonymisiert würden. Kelber argumentierte, dass diese Prinzipien im Gegenteil eine Voraussetzung für vertrauenswürdige und bürgernahe digitale Anwendungen seien. Nur wenn die Bürger darauf vertrauen könnten, dass ihre Daten sparsam und sicher behandelt werden, werde die Digitalisierung von der Bevölkerung akzeptiert.

Quellen:
netzpolitik.org vom 04.02.23
heise online vom 25.02.24